Donnerstag, 14. April 2011

Ein problematischer Siebzigster

Heute feiert Cincinnati, oder auch nicht, den siebzigsten Geburtstag von seinem “liebsten Sohn”, oder auch nicht. Also, das ganze ist problematisch. Fangen wir mal am Anfang an.

Am 14. April 1941 wurde in Cincinnati Peter Edward Rose geboren, von allen nur “Pete” Rose genannt. Pete ging in Cincinnati zur Schule. Er war nur ein mäßiger Schüler, zeigte aber schon sehr früh Talent im Sport, insbesondere für Baseball. Kurz vor dem Schulabschluss musste er ein Klasse wiederholen – und entschied sich statt dessen, professioneller Baseballspieler zu werden. Und im Baseball Sport blühte er dann so richtig auf.

Von einigen Trainingseinsätzen zum Beginn seiner Karriere, und einem “Altersjahr” zum Ende seiner Karriere, abgesehen, spielte Rose ausschliesslich für die Cincinnati Reds. 1963 begann er zu spielen, 1984 hörte er auf. 21 Jahre lang als Profispieler in einem harten Sport. Nach Ende seiner Spielerkarriere managte Rose dann die Cincinnati Reds noch für weitere drei Jahre. 24 Jahre im Profisport. Das alleine verdient schon Anerkennung.

Doch Pete war nicht einfach nur ein Baseballspieler, und nicht einfach nur ein Manager. Er spielte mit einem Einsatz und einer Rücksichtslosigkeit wie kein Zweiter. Während andere zur rettenden Basis rannten, sprang er die letzten Meter und hechtete auf dem Bauch über den Sand ins Ziel, um so etwa eine halbe Sekunde schneller zu sein (siehe das Bild oben). In seiner Karriere wurde er vier mal zum “Spieler des Jahres” gewählt. Dreimal führte er als Spieler die Reds zur Weltmeisterschaft. Er war die wichtigste Waffe der “Big Red Machine”, der Manschaft der Reds die in den 70er Jahren, die den Profibaseball dominierte wie keine zweite davor oder danach. Rose stellte den Rekord für die meisten “Hits” (ein Spieler macht einen “Hit” wenn er mit dem Schläger den Ball trifft und ihn entweder aus dem Stadium hinaus (“Homerun”) oder auf die richtige Seite des Spielfeldes schlägt) im Profibaseball auf: 4.256 Mal traf Rose den Ball. Auch heute, fast 30 Jahre nach dem Ende seiner Spielerkarriere ist dieser Rekord unerreicht. Auf der (hypothetischen) Manschaft der “All Time Best” Baseballspieler (seit 1852 geführt) nimmt Rose Platz drei ein. Eine wichtige Stadtautobahn in Cincinnati ist nach ihm benannt (“Pete-Rose-Way”). Und auf seine Herkunft aus Cincinnati war er immer stolz. Er ist ohne jeden Zweifel der zweit-berühmteste Einwohner von Cincinnati (nach Neil Armstrong).

So, ein Ausnahmeathlet. Home Town Hero. Ungebrochener Rekord. Warum ist der 14. nicht ein Riesenfeiertag in Cincinnati? Nun, die Pete-Rose-Story ist damit leider noch nicht zu Ende. Seine Karriere endete ungut, und die Schlagzeilen die er seitdem machte waren meist keine positiven.

1989 wurde eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet wegen illegaler Sportwetten. Er stritt alles ab. Eine offizielle Untersuchungskommission wurde eingesetzt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Rose klagte gegen die Einsetzung der Kommission – und verlor den Prozess. Dann klagte er gegen die Veröffentlichung des Abschlussberichtes – und verlor auch diese Klage.

Der Bericht der Kommission deckte zahllose Verstrickungen von Rose in die Unterwelt und “Halbwelt” des organisierten Verbrechens und der illegalen Wettbüros auf. Der Athlet, der mit einem Millionen-einkommen eigentlich steinreich sein sollte, war bankrott und schuldete zweifelhaften Figuren viel Geld. In seiner Not hatte er Uniformen, Bälle, Schläger und andere Andenken an seine Spielerzeit verkauft – Millionenwerte im Andenkenmarkt. Nur das daraus resultierende Einkommen deklarierte er nie bei der Steuer. Wegen Steuerhinterziehung kam er dann für 6 Monate ins Gefängnis – das Ende seiner Trainerkarriere.

Aus dem Knast entlassen, gab Rose eine krankhafte Spielsucht zu, stritt aber nach wie vor ab, auf Baseball gewettet zu haben. Als immer mehr Zeugen auftauchten, die genau das behaupteten, gab Rose Jahre später zu: er habe auf Baseballspiele gewettet, aber nie auf seine eigenen. Er machte eine 6 monatige Therapie um sich von Spielsucht heilen zu lassen. Der Baseballverband schloss ihn auf Lebenszeit aus. Rose darf ohne Sondergenehmigung kein professionelles Baseballstadium mehr betreten.

2004 veröffentlichte er dann ein Sensationsbuch, “Mein Gefängnis ohne Gittern”. Das Buch war angeblich (ich habe es nie gelesen) recht selbstgefällig, und Rose sieht sich mehr als Opfer denn als Täter. Er gab erstmals zu, was jeder schon lange wusste: dass er auch auf seine eigenen Spiele gewettet habe. Nur habe er nie “gegen” seine geliebten Reds gewettet, behauptet er jetzt. Das Buch wurde ein Ladenhüter – selbst in Cincinnati war es schon vier Wochen nach der Veröffentlichung für $2 im Antiquariat zu haben. Die Leute hatten genug von der Pete Rose Geschichte, und er hat jede Glaubwürdigkeit verspielt. Buchstäblich.

Zu einer Re-Union der “Big Red Machine” 2005, 30 Jahre nach ihrer ersrten Weltmeisterschaft, kam es nicht, weil wenigstens ein Spieler sich weigerte, gemeinsam mit Rose aufzutreten. Als die Tageszeitung “Cincinnati Enquirer” Pete Rose 2001 (zu seinem sechzigsten Geburtstag) “den liebsten Sohn der Stadt” nannte, verklagte eine Gruppe aufgebrachter Bürger die Zeitung wegen Verleumdung. Sie wollten kein Teil einer Stadt sein, die Rose als “liebsten Sohn” betrachtet. Das Verfahren wurde aussergerichtlich durch Vergleich beendet, und der Enquirer verpflichtete sich, Rose nie mehr als “Cincinnati’s favorite son” zu nennen. Ich selbst habe Bekannte, die ihren Weg durch Cincinnati aus Prinzip so planen, daß sie den Pete-Rose-Way umgehen.

Und heute wird er siebzig.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr illustrer Bursche !!!


Gruss Daddy