Dienstag, 19. April 2011

Ein Krieg der bis heute anhält (Teil 2)

(Dieser Post ist eine Fortsetzung der im ersten Teil begonnenen Serie über den amerikanischen Bürgerkrieg, der am 12. April 1861 begann).

In den Geschichtsbüchern ging der amerikanische Bürgerkrieg mit der Kapitulation des Oberkommandierenden Robert E. Lee am 9. April 1865 bei Appomattox in Virginia. Fast auf den Tag genau vier Jahre nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten vor Fort Sumter. Es zeigte sich ziemlich schnell, daß damit nur der militärische Teil des Krieges beendet war. Psychlogisch hält der Kampf bei heute an.

Nur fünf Tage nach seinem militärischen Sieg fiel Präsident Abraham Lincoln einem Attentäter zum Opfer. Der Mörder, John Wilkes Booth, war ein Sypmathisant der Südstaaten. Und dann begann die große Umdeutung des Kriegsgrundes. Jefferson Davis, der Präsident der kurzlebigen Südstaaten Konföderation rief 1861, kurz vor Beginn des Krieges, seine Landsleute mit den folgenden Worten zum Kampf: “Wollt Ihr es zulassen, daß Euch Euer Eigentum [… eure Sklaven …] geraubt werden – oder werdet Ihr tapfer für Freiheit, Eigentum und Ehre kämpfen?”. 1866 (ein Jahr nach der Niederlage) dagegen veröffentlichte Davis ein Buch in dem er die Sklavenfrage als einen “vom Norden aufgebauschten Vorwand” bezeichnete, um die Macht im Süden zu erobern. Er beschrieb das Vorkriegsleben im Süden als eine Idylle von gutmütigen Plantageneignern und zufriedenen “Dienstboten”, deren “Instinkt ihnen nahelegte, sich in ihr glückliches Los zu fügen”. “Niemals gab es eine glücklichere Gegenseitigkeit zwischen Arbeitern und Kapital.”

Niemand im Norden griff Jefferson Davis wegen dieser offensichtlichen Lüge an. Zu sehr hatte man an den Folgen seiner eigenen Verluste zu kämpfen, zu sehr war man darauf bedacht, dem militärisch geschlagenen Süden einen “ehrenvollen Weg zurück in die Union” zu ebnen. Ein verhängnisvoller Fehler. Das Argument der Krieg sei vom Norden begonnen worden und die Sklavenfrage sei nur ein Vorwand gewesen wurde zur Lebenslüge des südstaatlichen Selbstverständnisses. Bald schon begannen Hobby-Historiker damit, die südliche Vergangenheit zu verklären und sie folkloristisch schönzuwaschen (das Foto oben zeigt einen “Veteranenverband” in Virginia voller Stolz mit der Rebellenflagge – aufgenommen im Jahr 2011).

Mein Freund AJ aus Texas bekam noch in den 80er Jahren von seinen Gymnasiallehrern beigebracht, von dieser Periode als dem “Krieg der nördlichen Aggression” zu reden (wenn er keinen Verweis bekommen wollte). Auch heute regelt der Lehrplan von Texas (ähnlich wie dem der meisten Südstaaten) die Wortwahl. Im Süden spricht man nun vom “Krieg zwischen den Staaten”, im Norden vom “Bürgerkrieg”. Und es bleibt nicht bei der Wahl des einzelnen Begriffes: der Süden stellt den Krieg auch heute noch als einen Konflikt dar, in dem die noble Konföderation versuchte, die legitimen Interessen ihrer Staaten auf Autonomie und Eigenständigkeit durchzusetzen (bevor sie vom militärisch mächtigeren Norden in die Niederlage gezwungen wurden).

Und diese Geschichtsfälschung hat Erfolg: zu Beginn diesen Jahres (2011) gaben mehr als zwei Drittel der weissen Bevölkerung des Südens der USA bei einer wissenschaftlichen Umfrage an, daß die Ursache des Krieges “eine Auseinandersetzung um Rechte der Staaten” war, nicht die Fortsetzung der Sklavenhaltung.

Von aussen mag diese Borniertheit lustig wirken, ein bisschen starrköpfig vielleicht. Aber wenn man in den USA lebt wird man sich schnell über die weittragenden Folgen dieser Lügnerei bewusst. Die Sklavenhaltermentalität ist vielerorts im Süden zu einem weitverbreiteten Rassenhass und zu Fremdenfeindlichkeit gemorpht. Da man die schwarze Bevölkerung nicht mehr offiziell nieder halten durfte, tauchte der Ku Klux Klan auf, der das “inoffiziell” erledigte – mit Mord und Totschlag. Noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es vielerorts Gesetze, die effektiv Schwarzen das Wahlrecht nahmen.

Als die Plantagen im Süden nach dem Krieg gezwungen waren, für Arbeitskraft zu bezahlen, waren sie auf einmal nicht mehr konkurrenzfähig. Die Baumwollindustrie des Südens brach zusammen. Zur militärischen Niederlage kam der wirtschaftliche Kollaps. Gerade die einst reichen ländlichen Gegenden der Konföderation haben sich auch heute, 150 Jahre danach, noch nicht davon erholt. Rassenhass garantiert eine Bevölkerung die mit sich selbst in Konflikt lebt. Hohe Gewaltbereitschaft und weit verbreitete Armut führen zu hohen Verbrechensraten. Fremdenhass und Korruption verhindern die Ansiedlung neuer Unternehmen und Investitionen – Verbrechen, Hass und Armut pflanzen sich gegenseitig fort. Von den 10 ärmsten Staaten der USA befinden sich alle 10 im Gebiet der ehemaligen Konföderation. Das ist kein Zufall.

Wenn man weiss, wonach man schaut, findet man diese Spaltung der Bevölkerung auch heute noch in sehr vielen Bereichen.

  • Im Sport: Baseball und Basketball sind traditionell im Norden starke Sportarten, Football und Nascar Rennen sind eher im Süden stark.
  • In der Musik: Rock, Folk, Rock’n’Roll, Grunge, Hip-Hop kommen aus den Norden. Bluegrass, Dixieland, und insbesondere Country kommen aus dem Süden.

Und natürlich in der Politik: im Süden sind traditionell die Parteien stark, die es schaffen, Rassismus (wie vorsichtig auch immer formuliert) in ihre Platform aufzunehmen. Welche Partei das gerade ist, ändert sich hin und wieder. Abraham Lincoln war Republikaner. Bis in die 80er Jahre hinein waren die Republikaner die Partei des Nordens, und die Demokraten beherrschten den Süden. Aber Lincoln würde heute seine Partei nicht wieder erkennen. Under der Führung der zwei Bushs drehte sich dieses Bild komplett rum. Heute beherrschen die Republikaner den Süden – und die Demokraten stellen einen farbigen Präsidenten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Jedes Land hat seine Geschichte und seine Eigenarten, so halt auch Amerika. !
Interessant !


Grus O.u.O: